oder: Ein knackiger Einblick in die Kunst hinter den Buchstaben
Mein ehemaliger Nachbar, Hans, sprach mich letzte Woche im Biomarkt an, dass er kürzlich mein Profil auf Social Media gefunden habe. Da stünden ja so spannende Berufsbezeichnungen… ob ich denn gar nicht mehr Lehrerin sei?! „Doch, doch. Aber ich mache jetzt schon einige Jahre Handlettering. Und das zeige ich auf Social Media.“
Handlettering – was das denn wohl sei. Das habe er ja noch nie gehört. Tja, und da rutschte es mir wieder raus. Die einfache Art, zu erklären, was ich da tue. „Das ist so ähnlich wie Kalligraphie. Also, die moderne Form davon.“ Autsch… das ist so einfach nicht richtig.
Hand auf’s Herz, kennst du die Unterschiede? Falls ja – großartig, liebe*r Kolleg*in. Falls nein – lies einfach weiter und in ein paar Minuten bist du schlauer 😉
Kalligraphie: „Die Kunst des schönen Schreibens“
Ich bin wahrlich kein Kalligraphie-Profi, das habe ich bei der Recherche zu diesem Blog-Beitrag deutlich gemerkt. Hier ist, was ich gelernt habe:
Das Wort Kalligraphie (oder Kalligrafie oder Calligraphy (en.)) stammt aus dem Griechischen. Es setzt sich zusammen aus „kallos“ = schön und „graphein“ = schreiben. Kalligraphie ist in über 7000 Jahren historisch gewachsen und unterscheidet sich in verschiedenen Kulturkreisen. So war die hebräische Kalligraphie zum Beispiel bedeutend für die Vervielfältigung von Bibeltexten. Im westlichen Kulturkreis wurden Literaturtexte kalligraphisch geschrieben. Somit stand die Lesbarkeit im Vordergrund und Verzierungen waren weniger wichtig. Die japanische, chinesische oder arabische Kalligraphie gilt als eine Kunstform und lebt dagegen von ihrer Dekoration.
In der traditionellen Kalligraphie wird zwischen verschiedenen Schriftarten unterschieden (Antiqua, Fraktur, englische Schreibschrift, gotische Textur, verschiedenen „gebrochene“ Schriften). Meist werden Wörter in einem Zug geschrieben. Auch das Material spielt eine bedeutende Rolle: es werden verschiedene Federkiele (Spitzfeder, Schreibfeder; Röhrchenfeder, …) benutzt, Pinsel, Filzstifte oder anderes Werkzeug. Die traditionelle Kalligraphie folgt klaren Regeln wie einzelne Buchstaben geformt und ausgerichtet sein müssen. Hier gibt es aber in den verschiedenen Schriftarten diverse Unterschiede zu beachten. Stell dir vor, du erlernst eine dieser Schriftarten wie eine neue Sprache. Das bedeutete dann noch lange nicht, dass du auch die anderen Schriftarten beherrschst 😐 Die traditionelle Kalligraphie beinhaltet quasi viele verschiedene „Schrift-Wissenschaften“.
Die moderne Kalligraphie hingegen muss keinen strengen Regeln folgen. Hier stehen eher der eigene Stil und das Gefühl im Vordergrund. Hier gibt es also Überschneidungen mit dem Handlettering
Handlettering: „Die Kunst des Buchstaben Malens“
Oh ja, in diesem Thema fühle ich mich Zuhause. Dann wollen wir mal schauen, wie gut es mir gelingt, meine Leidenschaft auf den Punkt zu bringen.
Das Handlettering passiert – wie der Name schon sagt – auch mit der Hand. Hier geht es aber nicht darum, zu schreiben oder Schönschrift in einem „Rutsch“ zu produzieren, sondern es geht ums Malen, Zeichnen oder Konstruieren von Schrift(-zügen).
Beim Handlettering gibt es keine festen Regeln, denen man folgen muss. Natürlich steckt auch hier hinter jedem Schriftzug (bestenfalls) viel Typographie-Wissen (dazu weiter unten mehr), aber es bleibt trotzdem immer spielerisch. Handlettering ist sehr vielfältig, individuell und jede/r Künstler*in entwickelt mit der Zeit ihren eigenen Stil. Warum braucht es so viel Vielfalt? Die Handlettering-Schriftzüge sollen eine Emotion auslösen, die einem ganz bestimmten Zweck dient. Denke zum Beispiel mal an den Schriftzug (im Handlettering-Stil) auf der Milka-Verpackung: Das Handlettering-Logo stellt heraus, was diese Schokoladensorte, im Gegensatz zu anderen Sorten, einzigartig macht.
Neben Schokolade gibt es noch viele, viele weitere Produktverpackungen, die Handlettering-Schriften benutzen – achte mal drauf. Und natürlich darf der Zweck auch sein, mir einfach zu gefallen 😉
Wie schon gesagt: im Handlettering gibt es verschiedenste Stile. Diese entstehen durch die vielen Möglichkeiten, wie Buchstaben gestaltet werden können (ihren Aufbau, Breite, Strichstärke, Kontraste, Neigung, Weißraum,…) und durch die verschiedenen Schriftfamilien. Wenn du auf Pinterest, Google & Co. nach Handlettering-Alphabeten schaust, hast du „die Qual der Wahl“.
Und glücklicherweise braucht es nicht viel Material, um mit dem Handlettering zu starten. Für den Anfang reicht ein Bleistift und ein Blatt Papier. Ok, und dann gibt es da natürlich auch unfassbar viele tolle Stifte. Sehr spezielle und tolle Stifte. Stifte, die man einfach haben muss…. Kann man eigentlich genug Stifte haben? 😉
Wenn du das Handlettering und seine Spielarten auch mal ausprobieren möchte, melde dich für einen meiner beliebten Handlettering-Snack Workshops an. Dafür brauchst du überhaupt kein Vorwissen – du profitierst von meiner Expertise.
Und wenn du dann angesteckt bist und „so richtig“ einsteigen möchtest, reserviere dir einen Platz in meinem Basic-Handlettering Workshop. Dort versorge ich dich mit so vielen Tipps & Tricks, dass du danach alleine weitermachen kannst.
Typographie: „Die Lehre der Form und Gestaltung von Schriftzeichen“
Last but not least sei hier noch die Typographie genannt, die das Zusammensetzen von Schriften aus schon fertigen Buchstabenformen beschreibt. Es geht also um das Zusammenfügen von Buchstaben zu Wörtern.
Wenn wir einen Schriftzug lesen, können wir instinktiv und sofort beurteilen, ob er ästhetisch und gut lesbar ist. Wenn die Gesamtwirkung nicht harmonisch ist und „stört“, hängt das oft damit zusammen, dass Kleinigkeiten im Detail nicht stimmig sind. Und hier kommt die Typographie ins Spiel: Dort achtet man auf die Anatomie von Buchstaben, Buchstaben-Abstände (auch Kerning oder Spacing), die Laufweite, die Zeilenabstände, die Wirkung bei der Kombination verschiedener Schriftarten und noch einiges mehr.
Wer in dieses Thema tiefer eintauchen möchte, der empfehle ich von Herzen das Praxisbuch „Handlettering Layout und Komposition“* von Julia Winkler aka Sushimoon. Sie erklärt anhand toller Beispiele, welche „Mikroelemente“ es zu beachten gilt, damit am Ende das „gemütliche Haus“ gebaut ist.
Schönheit liegt im Auge des Betrachters? Hier wird sehr deutlich: jein!
In a nutshell:
Vielleicht lag ich doch nicht ganz falsch, als ich meinem Nachbarn Hans sagte, dass Handlettering eine moderne Form der Kalligraphie sei. Aber eben auch nicht ganz richtig.
Was aber beide Spielarten gemeinsam haben ist, dass sie ästhetische Ausdrucksformen sind, mit denen die Künstlerin / Schreiberin eine künstlerische Aussage tätigt.
Was beide außerdem gemeinsam haben ist, dass sie einen extrem meditativen Charakter bei der Ausführung haben. Beide lehren uns Geduld und führen uns ein Stück weit in die Achtsamkeit. Großartig!
Lots of love, Tina
P.S.: Bist du Kalligraphie-Fan oder eher eine Handlettering-Queen? Erzähle mehr von „deiner“ Schriftkunst in den Kommentaren!
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xo
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